Eine Frau wirft eine Flasche in den smarten Mülleimer Trashbot
Das Cockpit eines Teslas

Periscope: Ein Schritt in Richtung Teleportation

Wie wäre es mit ein­er mobilen TV-Sta­tion für die Hosen­tasche? Eine kosten­lose Videoap­p­lika­tion, bei der Du als Reporter und Kam­era­mann Deine Erleb­nisse mit der ganzen Welt teilen kannst. In Echtzeit, ohne lästiges Hochladen, ein­fach per Smart­phone. Twit­ters Livestream­ing-App Periscope macht´s möglich.  

Angenom­men, Du sitzt beim Finale von Germany´s Next Top­mod­el und es passiert etwas Unvorherse­hbares. Sagen wir mal … eine Bomben­dro­hung. Als Jour­nal­ist brauchst Du jet­zt ein Kam­era-Team, einen Ü-Wagen und besten­falls einen Sende­platz. Oder aber Dein Smart­phone ist mit der Periscope-App von Twit­ter aus­gerüstet, sodass Du Deine Live-Sendung spon­tan und ohne den üblichen tech­nis­chen Schnickschnack fahren kannst.

Was ist Periscope und wie funk­tion­iert es?

Angetrieben von der Idee, die Welt durch die Augen eines anderen Men­schen zu ent­deck­en, entwick­el­ten das Grün­der-Duo Kayvon Beykpour und Joe Bern­stein eine App zur mobilen Live-Über­tra­gung von Videos, die seit März unter dem Namen Periscope von Twit­ter ange­boten wird. Der Clou: Das Ganze funk­tion­iert in Echtzeit, ohne Fil­ter, ohne Bear­beitung und nicht nur in eine Rich­tung. Während der Live-Sendung kön­nen Zuschauer im Chat Kom­mentare, Fra­gen, aber auch Wün­sche an den Fil­menden richt­en – eine neue Dimen­sion der dig­i­tal­en Inter­ak­tion. Ein Beispiel: Du kannst als Zuschauer beim Broad­way-Spazier­gang eines Fil­menden dabei sein, stürzt Dich mit Extrem­sportlern die Hänge des Himalayas hin­unter, nimmst an Redak­tion­skon­feren­zen teil und kannst dabei eigene Ideen ein­brin­gen.

bild1_periscope

Du bist durch die Augen eines anderen (beziehungsweise dessen Handykam­era) live vor Ort und Teil des Geschehens. Die Vision der Mach­er, der Tele­por­ta­tion so nahe wie möglich zu kom­men, hat mit Periscope zumin­d­est ein paar Kon­turen bekom­men. Noch dazu ist die Nutzung der App nahezu unver­schämt ein­fach: Alles was Du brauchst, ist ein Twit­ter-Account, eine funk­tions­fähige Smart­phone-Kam­era und eine gewisse Offen­heit, denn in alter Twit­ter-Manier ist auch bei der Periscope-App im Grunde alles für jeden öffentlich. Wen das nicht stört, der kann sich die App kosten­frei auf sein Smart­phone instal­lieren. Nun braucht es nur ein Fin­ger­tip­pen, um die Live-Auf­nahme zu starten und das Erleb­nis im Netz mit der ganzen Welt zu teilen.

Wer braucht es? Wer nutzt es?

Die Ein­satzmöglichkeit­en von Periscope sind vielfältig und wer­den momen­tan vor allem von Blog­gern und Jour­nal­is­ten genutzt. Bild-Boss Kai Diek­mann zählt zu den aktivsten Stream­ern und lässt seine Zuschauer an allen ihn rel­e­vant erscheinen­den Ereignis­sen teil­haben – sei es beim Ziegen­füt­tern oder einem Starbe­such in der Bil­dredak­tion. ZDF-Mod­er­a­tor Jan Böh­mer­mann schal­tete seine The­menkon­ferenz live ins Netz und Schalke 04 set­zte als erster Bun­desligist die Stream­ing-App während ein­er Pressekon­ferenz ein. Auch inter­na­tionale Stars haben die Live-App als prak­tis­ches Tool für sich ent­deckt, darunter Schaus­piel­er Chan­ning Tatum, Mod­er­a­torin Oprah Win­frey und die Queen of Pop Madon­na.

Bild3_Periscope

Während die App von medi­en­affinen Jour­nal­is­ten und Promis gehypt wird, scheint sie beim Nor­mal­bürg­er noch nicht richtig angekom­men zu sein, was an Massenkom­pat­i­bil­ität und Nach­haltigkeit des ver­meintlich rev­o­lu­tionären Trends zweifeln lässt. Vielle­icht braucht die App aber auch ein­fach etwas Zeit.

Wer hat´s erfun­den?

Periscope ist die Antwort auf die Vor­läufer-App­lika­tion Meerkat, die zunächst die API von Twit­ter nutzte. Nach der Ein­führung von Meerkat im Feb­ru­ar wurde dessen Erfol­gspoten­zial beim Microblog­ging-Dienst schnell erkan­nt. Kurz­er­hand sper­rte Twit­ter den Meerkat-Nutzern den Zugang zu seinen Fol­low­ern und kaufte die App­lika­tion für über 80 Mil­lio­nen Dol­lar. Bere­its in den ersten zehn Tagen sollen sich über eine Mil­lio­nen Nutzer reg­istri­ert haben. Seit Mai wird die ursprünglich für iOS entwick­elte App auch für Android-Sys­teme ange­boten. Zu aktuellen Nutzer- und Ein­nah­mezahlen schweigt Twit­ter. Vielle­icht aus strate­gis­chen Grün­den, denn Meerkat atmet zwar schw­er­er, seit die Nutzer-Schnittstelle gekappt ist, ist aber dank Früh­starter­bonus nach wie vor ein nicht zu unter­schätzen­der Neben­buh­ler.

Auch Face­book hat das lukra­tive Geschäft mit dem Livestream­ing-Tool erkan­nt und unter dem Titel „Face­book Men­tion“ eben­falls eine Echtzeit-App auf den Markt gebracht. Diese ist jedoch zunächst nur öffentlichen Per­so­n­en wie Poli­tik­ern, Sportlern oder Promi­nenz aus der Medi­en­land­schaft vor­be­hal­ten und bedarf eines ver­i­fizierten Nutzerkon­tos.

Wer streamt bess­er?

Die Anwen­dun­gen von Periscope und Meerkat ähneln sich funk­tionell stark, zum Beispiel durch die Kom­men­tar­möglichkeit via Chat. Hier bietet Periscope jedoch eine weit­ere Funk­tion mit Fun­fact: Begeis­terung drückt der Zuschauer aus, indem er durch Antip­pen des Live­bildes Herzen über den Bild­schirm fliegen lässt. Fragt sich, ob diese Idee von „Hun­de­prak­tikan­tin Lola“ oder der „Periscope-Prinzessin“ stammt, die auf der offiziellen Web­site der App als Mit­glieder des Entwick­ler-Teams aufge­führt sind.

Bild4_Periscope

Vielle­icht haben diese bei­den aber auch dafür gesorgt, dass das Design von Periscope generell etwas smarter und schick­er daherkommt als das von Meerkat. Periscope bietet außer­dem einige Zusatz-Tools wie die Anzeige der Zuschauerzahlen und eine Spe­icherung der Auf­nah­men auf exter­nen Servern, sodass App-Nutzer sie inner­halb von 24 Stun­den nochmal anse­hen kön­nen, wenn sie wollen.

Sowohl bei Periscope als auch bei Meerkat kön­nen aufgenommene Videos auch auf dem Handy gesichert wer­den. Zwar sind bei Periscope Kam­er­aau­flö­sung und Über­tra­gungsrate etwas höher, laut Testergeb­nis von Spiegel-Online gibt es bei den Auf­nah­men aber keine bemerkenswerten Qual­ität­sun­ter­schiede.

Für bei­de Anwen­dun­gen gilt außer­dem: Wer WLAN zur Ver­fü­gung hat, sollte es nutzen. Im Test­durch­lauf schick­ten bei­de Apps für eine Minute Video etwa 4 MegaByte Dat­en ins Netz. Wer mehr Mate­r­i­al strea­men will, kön­nte also ziem­lich flink das Lim­it seines Daten­vol­u­mens erre­ichen.

Weit­er­er Stolper­stein für die App: die bis­lang lück­en­hafte Recht­slage bei Urhe­ber- und Über­tra­gungs­fra­gen. Während das Livestrea­men von Sky-Über­tra­gun­gen oder aus dem Kino klar urhe­ber­rechtlich ver­boten ist, ist es bei Sportver­anstal­tun­gen sowie Konz­ertbe­suchen eine Frage des Haus­rechts und der all­ge­meinen Geschäfts­be­din­gun­gen beim Tick­etkauf.

Laut Twit­ter wird Pira­terie nicht geduldet: Wer streamt, wofür er keine Rechte hat, wird block­iert. Das Prob­lem dabei: Live ist live. Gestreamt ist gese­hen. Mögliche Schind­lud­er bleiben mit der Echtzeit-App wohl nicht aus. Dafür ist es zu ver­lock­end, die Welt an dem ger­ade erlebten Live-Event teil­haben zu lassen. Ob und in welchem Aus­maß in solchen Fällen mit Strafen zu rech­nen ist, muss Twit­ter uns bei Gele­gen­heit mal zwitsch­ern.

Was hältst Du von Livestream­ing-Apps? Schreib‘ uns Deine Mei­n­ung in die Kom­mentare.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

Das könnte Dich auch interessieren